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Erneute Verschärfung der Geschäftsleiterhaftung in der Krise!

Bereits durch die Einführung des StaRUG zum 01.01.2021 wurde die Geschäftsleiterhaftung in der Krise verschärft und es wurde darin zusätzlich die Pflicht zur Einführung und dauerhaften Aufrechterhaltung eines Krisenfrüherkennungssystems kodifiziert.

Kürzlich hat nun der Bundesgerichtshof (AZ: II ZR 164/20, Urteil vom 27.07.2021) in einer Leitsatzentscheidung (Urteil des II. Zivilsenats vom 27.7.2021 – II ZR 164/20 – (bundesgerichtshof.de)) verkündet, dass die vorsätzliche Verzögerung der Insolvenzantragstellung den Tatbestand einer sittenwidrigen Schädigung erfüllen kann, wenn dabei die Schädigung der Unternehmensgläubiger billigend in Kauf genommen wird.

Um was ging es?

Beauftragte Arbeiten an einer Fassade wurden nicht ordnungsgemäß fertiggestellt und eine Aufforderung und Fristsetzung zur Fertigstellung blieb ergebnislos. Daraufhin strengte der Auftraggeber ein selbstständiges Beweisverfahren mit Beweisfragen zum Leistungsstand und zu eventuellen Gebäudeschäden gegen den Auftragnehmer an, woraufhin das Gericht eine Begutachtung durch einen Sachverständigen anordnete.

Die Auftragnehmerin war zu diesem Zeitpunkt allerdings schon seit einigen Monaten zahlungsunfähig, hatte aber vorschriftswidrig keinen Insolvenzantrag gestellt. Erst nach dem Erlaß eines Strafbefehls gegen den Geschäftsleiter der Auftragnehmerin wegen Insolvenzverschleppung wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter teilte mit, dass die Insolvenzmasse die Kosten für den Sachverständigen nicht tragen könne.

Persönliche Haftung des Geschäftsleiters!

Kennt der Geschäftsleiter die Insolvenzreife der Gesellschaft oder müßte diese kennen und führt das Unternehmen dennoch in der Absicht weiter, die Insolvenz so lange wie möglich hinauszuzögern und nimmt er dabei die Schädigung der Unternehmensgläubiger billigend in Kauf, gilt dies als sittenwidrige Schädigung nach § 826 BGB. In diesem Fall haftet der Geschäftsleiter dem betroffenen Gesellschaftsgläubiger für die Erstattung der überflüssig aufgewandten Kosten persönlich.

Folgende Leitsätze wurden vom Bundesgerichtshof verkündet:

  1. Die vorsätzliche Insolvenzverschleppung in der Absicht, das als unabwendbar erkannte Ende eines Unternehmens so lange wie möglich hinauszuzögern, erfüllt den Tatbestand einer sittenwidrigen Schädigung i.S.d. § 826 BGB, wenn dabei die Schädigung der Unternehmensgläubiger billigend in Kauf genommen wird.
  2. Der Schutzbereich einer vorsätzlich sittenwidrigen Insolvenzverschleppung erfasst Personen, die vor Insolvenzreife in Vertragsbeziehungen mit einer GmbH getreten sind und durch einen gegen die mittlerweile unerkannt insolvenzreife Gesellschaft eingeleiteten Rechtsstreit oder ein gegen diese eingeleitetes selbständiges Beweisverfahren mit Kosten belastet werden, für die sie bei der Gesellschaft keinen Ersatz erlangen können.

Krisenfrüherkennung ist optionslos!

Das schuldhafte Unterlassen der rechtzeitigen Insolvenzantragstellung und damit die persönliche Haftung des Geschäftsleiters kann vermieden werden, wenn ein geeignetes Krisenfrüherkennungssystem eingerichtet und dauerhaft geführt und bei sich abzeichnenden Krisen auch zügig und gesetzeskonform gehandelt wird.

Damit dient ein Krisenfrüherkennungssystem nicht nur der Unternehmenssicherung und der Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen, sondern kann insbesondere auch dem Schutz des Geschäftsleiters vor persönlicher Haftung für Verbindlichkeiten des Unternehmens und damit der Vermeidung einer Privatinsolvenz des Geschäftsleiters dienen.

Gerne unterstützen wir Sie bei der Einrichtung eines Krisenfrüherkennungssystems sowie notwendigen betriebswirtschaftlichen Krisenbewältigungsmaßnahmen.