You are currently viewing Ein Jahr StaRUG – ein Jahr was?
© 9dreamstudio / stock.adobe.com

Ein Jahr StaRUG – ein Jahr was?

Von der Öffentlichkeit und den meisten Geschäftsleitern unbeachtet, wurde in fristgerechter Umsetzung der EU-Richtlinie 1023/2019 über ein außerinsolvenzliches Sanierungsverfahren zum 01.01.2021 das Gesetz zur Stabilisierung und Restrukturierung von Unternehmen (StaRUG), welches die Pflichten der Geschäftsleiter in der Krise und Möglichkeiten zur außerinsolvenzlichen Krisenbewältigung beschreibt, in Deutschland eingeführt.

Was bedeutet dies nun für die betroffenen Geschäftsleiter und was hat es bisher gebracht?

  1. Die Geschäftsleiter einer juristischen Person haben fortlaufend über Entwicklungen, welche den Fortbestand der juristischen Person gefährden können, zu wachen. Erkennen sie solche Entwicklungen, müssen sie geeignete Gegenmaßnahmen ergreifen und den zur Überwachung der Geschäftsleitung berufenen Organen (Überwachungsorganen) unverzüglich Bericht erstatten. Berühren die zu ergreifenden Maßnahmen die Zuständigkeiten anderer Organe, wirken die Geschäftsleiter unverzüglich auf deren Befassung hin. Für die betroffenen Geschäftsleiter bedeutet dies in einem ersten Schritt, daß sie ein etwa bestehendes Krisenfrüherkennungssystem aktualisieren sollten, bzw., daß ein solches erstmalig eingeführt werden muß, was der Regelfall sein dürfte.

  1. Sofern sich das betroffene Unternehmen in einem Stadium der drohenden (noch nicht eingetretenen) Zahlungsunfähigkeit befindet, bietet das StaRUG außerinsolvenzliche und nichtöffentliche Restrukturierungsmöglichkeiten an. Deren Umsetzung ist allerdings sehr beratungs- und damit kostenintensiv und dadurch, daß ein Eingriff in Arbeitnehmerrechte ebenso ausgeschlossen ist wie die Beendigung von belastenden Dauerschuldverhältnissen, und damit eine leistungswirtschaftliche Sanierung nicht gefördert wird, eignet sich diese Verfahrensart aus Sicht des Verfassers überwiegend für größere KMU und börsennotierte Gesellschaften, welche sich mit ihren Finanzgläubigern vergleichen wollen. Die bloße Existenz des StaRUG bietet aber auch kleineren Unternehmen die Möglichkeit, die Anwendung des StaRUG anzudrohen und hiermit die Vergleichsbereitschaft der Gläubiger zu fördern. Diese Handhabung sollte allerdings sehr vorsichtig erfolgen, da hiermit auch das genaue Gegenteil (Bekanntgabe einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage, was ggf. zu problematischen Vertragskündigungen führen könnte) bewirkt werden kann.

  1. Die praktische Relevanz des StaRUG ist auch weit über ein Jahr nach seiner Einführung sehr gering. Während es im Jahr 2021 etwa 14.300 Unternehmensinsolvenzen gab, stehen dem bei den 24 deutschen Restrukturierungsgerichten lediglich 22 Anzeigen für Restrukturierungsverfahren gegenüber, was weniger als einen Fall pro Gerichtsstandort bedeutet. Diese geringe Inanspruchnahme ist aus Sicht des Verfassers u. a. darauf zurückzuführen, daß den Geschäftsleitern die sich die aus dem StaRUG ergebenen Möglichkeiten (ebenso wie die daraus resultierenden Pflichten!) schlichtweg unbekannt sind. Hier ist eine deutlich bessere Aufklärung der Geschäftsleiter zwingend notwendig. Der Verfasser sieht hierzu die Industrie- und Handelskammern und die Handwerkskammern in der Pflicht.

Fazit

Das StaRUG hat ein Jahr nach seiner Einführung aus Sicht des Verfassers für den Restrukturierungs- und Sanierungsmarkt in Deutschland noch keine große Relevanz gewonnen, was mutmaßlich seiner geringen Bekanntheit und dem hohen Beratungsbedarf geschuldet ist. Ob die Restrukturierungsmöglichkeiten des StaRUG noch einen Frühling erleben werden, oder ob hier mit einem immensen Aufwand ein Rohrkrepierer geschaffen worden ist, wird die weitere Entwicklung zeigen. Aus Sicht des Verfassers hat das StaRUG seine Berechtigung für außerinsolvenzlich mögliche Restrukturierungen und es enthält darüber hinaus Pflichten für jeden Geschäftsleiter einer juristischen Person, so daß es auf alle Fälle zu berücksichtigen ist.