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11 Tipps für Geschäftsleiter von haftungsbeschränkten Unternehmen

In der turbulenten Welt des Geschäftslebens ist kein haftungsbeschränktes Unternehmen vor unerwarteten Krisen gefeit. Doch keine Sorge, die Wende zum Besseren ist möglich, wenn Sie mit der richtigen Strategie vorgehen. Unser aktueller Blogbeitrag bietet Ihnen 11 entscheidende Tipps, die Ihnen als Geschäftsleiter helfen können, Ihr Schiff durch die stürmischen Gewässer zu steuern und Ihr Unternehmen sicher zum Erfolg zu führen.

Tipp #1 Fälligkeiten von Verbindlichkeiten kennen und ggf. klären!

Immer wieder stoßen wir auf Unternehmen, in denen nur die mit Nachdruck eingeforderten Verbindlichkeiten als fällig angesehen werden. Es ist zwar grundsätzlich korrekt, dass bei einer Zahlungsfähigkeitsprüfung nur die Verbindlichkeiten zu berücksichtigen sind, welche ernsthaft eingefordert werden, aber dem „ernsthaften Einfordern“ wird z. B. schon durch die Übermittlung einer Rechnung entsprochen. Unternehmen sollten sich nicht darauf verlassen, dass Verbindlichkeiten, deren Ausgleich vom Gläubiger nicht angemahnt wird, automatisch als gestundet angesehen werden können. Es ist vielmehr für jede einzelne Verbindlichkeit genau zu klären, wann diese zur Zahlung fällig ist. Mit diesem Datum ist dann die Verbindlichkeit im Zuge einer Zahlungsfähigkeitsprüfung zu berücksichtigen.

Tipp #2 Buchhaltung top aktuell halten und diese auch gut kennen!

Die Fälligkeit von Verbindlichkeiten (siehe Tipp #1) kann nur mit der notwendigen Genauigkeit überwacht werden, wenn es eine aktuelle Buchhaltung gibt. Je weiter die Krise fortgeschritten ist, desto wichtiger ist dieser Punkt. Nur der Unternehmer, der weiß, wo er steht, kann planen, was als nächstes zu tun ist. Damit das gewährleistet ist, sollte die Buchhaltung eines Unternehmens aus Sicht des Verfassers in der Krise nicht älter als eine Woche sein und laufend aktualisiert werden. Im Januar eines Jahres bringt die betriebswirtschaftliche Auswertung des Vorjahres-Oktobers nur sehr bedingte Erkenntnisgewinne. Auch sollten unterjährige betriebswirtschaftliche Auswertungen unbedingt „qualifiziert“ sein, um echte Erkenntnisgewinne für die Geschäftsleitung liefern zu können, und in deren Verständnis bzw. Pflege ein entsprechendes Zeit- und Geldbudget investiert werden.

Tipp #3 Aufstellung von Jahresabschlüssen

Geschäftsleiter müssen in der Krise des von ihnen vertretenen Unternehmens generell zügig handeln. Dies betrifft u. a. auch die Aufstellung des Jahresabschlusses. In vielen Fällen erfolgt diese bei kleinen Kapitalgesellschaften unter Nutzung der gemäß § 264 Abs. 1 HGB außerhalb einer Krise zulässigen Frist von sechs Monaten und auch darüber hinaus. Dies könnte in der Unternehmenskrise allerdings zu einer großen Haftungsfalle für Geschäftsleiter und deren Steuerberater werden. Grundnorm hinsichtlich der Frist zur Aufstellung eines Jahresabschlusses ist § 243 Abs. 3 HGB. Gemäß dieser Regelung ist der Jahresabschluss innerhalb der einem ordnungsmäßigen Geschäftsgang entsprechenden Zeit aufzustellen, welche in einer Krise deutlich kürzer ist. Der Geschäftsleiter muss sich möglichst schnell einen Überblick über die Ertrags-, Vermögens- und Liquiditätslage verschaffen, auch um eine bestehende Planung kurzfristig an die tatsächliche Entwicklung anzupassen. 

Krisenbefangene bzw. insolvenzbedrohte Unternehmen haben den Jahresabschluss möglichst kurzfristig nach Ende des Geschäftsjahres, d.h. „unverzüglich“ i. S. d. § 121 Abs. 1 S. 1 BGB, aufzustellen. Das soll den Kaufmann zwingen, sich möglichst schnell einen Überblick über die Lage des Unternehmens zu verschaffen. Die Aufstellungsfrist soll maximal zwei bis drei Monate betragen (BVerfG NJW 1978, 1423; BGH BB 1955, 109; BGH BB 1957, 274; BB 1985, 567). Bei Missachtung dieser Frist läuft der Geschäftsleiter Gefahr, sich wegen Bankrotts nach § 283 StGB strafbar zu machen. Auch der den Jahresabschluss aufstellende Steuerberater könnte sich unter Umständen straf- und zivilrechtlich haftbar machen.

Es ist auf alle Fälle anzuraten, einen Jahresabschluss generell kurzfristig aufzustellen, damit man weiß, wo das Unternehmen steht. Wird dies versäumt und kommt es im Anschluss zu einer Insolvenz des vertretenen Unternehmens und zu einer Verurteilung des Geschäftsleiters wegen Bankrotts, kann dies zu einer Privatinsolvenz ohne Aussicht auf Erteilung einer Restschuldbefreiung (§ 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO) führen. Die zügige und rechtzeitige Aufstellung des Jahresabschlusses dient daher u. a. auch dem Eigenschutz des Geschäftsleiters.

Tipp #4 Information der Gesellschafter über die aktuelle Lage

Die Geschäftsführer von Gesellschaften mit beschränkter Haftung in Schwierigkeiten müssen bei einem hälftigen Verlust des Stammkapitals gemäß § 49 Abs. 3 GmbHG (es genügt nicht, einen solchen ggf. erst im Zuge der Aufstellung eines Jahresabschlusses festzustellen; vielmehr ist der Bestand des Stammkapitals durch die Geschäftsleitung laufend, d.h. auch unterjährig, zu überwachen!) eine Gesellschafterversammlung einberufen und die Gesellschafter über die aktuelle wirtschaftliche Lage des Unternehmens informieren.

Ein unterjähriger Verlust des Stammkapitals kann nur bei einer gut funktionierenden und top aktuellen Buchhaltung festgestellt werden und wäre planerisch schon im Voraus feststellbar, wenn es eine belastbare Unternehmensplanung gibt. Ein Verstoß gegen die Verlustanzeigepflicht ist für den Geschäftsführer unter Haftungsgesichtspunkten nicht nur zivilrechtlich gefährlich, sondern kann gem. § 84 GmbHG auch strafrechtlich sanktioniert werden.

Tipp #5 Gehalt des Geschäftsführers ggf. anpassen!

Insbesondere bei Gesellschaftern/Geschäftsführern, aber auch bei Fremdgeschäftsführern, kann die Anpassung der eigenen Bezüge im Zuge einer Unternehmenskrise sinnvoll und angebracht sein. Rechtsgrundlage ist § 87 Abs. 2 Satz 1 AktG, welcher auf andere haftungsbeschränkte Unternehmen eine Ausstrahlungswirkung hat. Ob ein Gesellschafter/Geschäftsführer ggf. ohne Vergütung tätig werden, bzw. ein Fremdgeschäftsführer seine Vergütung reduzieren muss, sind im Einzelfall prüf- und beurteilbare Fragestellungen.

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Tipp #6 Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung

Das Kapitalaufbringungs- und -erhaltungsgebot ist zu beachten, vgl. §§ 7, 9a, 19, 30 f., 49 Abs. 3, 55 ff. GmbHG, §§ 27, 31 ff., 92 AktG (auch hier Ausstrahlungswirkung auf andere haftungsbeschränkte Unternehmen). Die Geschäftsführung darf zur Vermeidung persönlicher Haftung die Einforderung des Stamm- bzw. Grundkapitals nicht verjähren lassen. Die Durchsetzung dieser Pflichten kann insbesondere für einen Fremdgeschäftsführer mit besonderen Herausforderungen im Umgang mit den Gesellschaftern verbunden sein.

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass zur Aufrechterhaltung „guter Stimmung“ zwischen den Gesellschaftern und der Geschäftsleitung ggf. auf die gerichtliche Durchsetzung von Ansprüchen gegen die Gesellschafter verzichtet wird. Dies ist menschlich gut nachvollziehbar, birgt für den Geschäftsführer aber große wirtschaftliche Eigenrisiken.

Tipp #7 Vollständigkeit und Vollwertigkeit der Sacheinlage

Die Geschäftsführung hat sowohl die Vollständigkeit und Vollwertigkeit der Sacheinlage der Gesellschafter zu überprüfen, als auch deren Bonität bei offenen Einlagen, vgl. §§ 9a, 19 Abs. 4 und 5, 30 Abs. 1 Satz 2, 82 GmbHG, §§ 27, 31 ff. AktG (auch hier Ausstrahlungswirkung auf andere haftungsbeschränkte Unternehmen). Auch die Durchsetzung dieser Pflichten kann insbesondere für einen Fremdgeschäftsführer mit ganz besonderen Herausforderungen im Umgang mit den Gesellschaftern verbunden sein.

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Gesellschafter in einer solchen Konstellation dem Geschäftsführer nur sehr widerwillig bis gar keine Auskünfte über die eigene Bonität erteilen.

Tipp #8 Zahlungen auf Gesellschafterdarlehen / an Gesellschafter prüfen!

Häufiger treffen wir die Situation an, dass die Gesellschafter eines Unternehmens noch in der Unternehmenskrise hohe Auszahlungen bzw. Zins- und/oder Tilgungszahlungen auf gewährte Gesellschafterdarlehen vornehmen, bzw. von der Fremdgeschäftsführung fordern.

Hier ist absolute Vorsicht geboten, damit dem Unternehmen nicht überlebensnotwendiges Kapital entzogen und damit gleichzeitig eine Haftung des Geschäftsleiters aufgebaut wird. Gleiches gilt für Miet- oder ähnliche bzw. sonstige Zahlungen an Gesellschafter.

Die vorhandenen Verträge sowie die gesetzlichen Pflichten sollten im Zweifel unter Hinzuziehung eines Anwalts geklärt werden. Darüber hinaus sind Zahlungen auf Gesellschafterdarlehen im Falle einer Insolvenz gemäß § 135 InsO (Insolvenzordnung) ohne Weiteres anfechtbar, wenn die Handlung (Zahlung) im letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist. Die Geschäftsführung trifft in der Insolvenz des Unternehmens generell eine Ersatzpflicht für verbotene Zahlungen an die Gesellschafter nach § 15b Abs. 5 InsO.

Tipp #9 Planungen sind unverzichtbar und vor allem eines: Chefsache!

„Wer den Hafen nicht kennt, in den er segeln will, für den ist kein Wind der richtige.“ Dieses dem römischen Philosoph Lucius Annaeus Seneca zugeschriebene Zitat ist schon zum Allgemeinplatz geworden, hat aber nichts an Richtigkeit und Bedeutung verloren.

Losgelöst von jedem unternehmerischen Vorteil, bestehen gesetzliche Verpflichtungen zum Planen. Aus § 1 StaRUG (Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz) ergibt sich für jeden Geschäftsleiter eines haftungsbeschränkten Unternehmens die Pflicht zur Einrichtung und Führung eines Krisenfrüherkennungs- und Managementsystems. Die sich hieraus ergebenden Risiken sind einzupreisen und im Zuge einer integrierten Unternehmensplanung, welche üblicherweise einen Zeitraum von nicht weniger als 24 Monaten umfassen sollte, zu berücksichtigen.

Branchenbezogen können andere Planungszeiträume sinnvoll und angezeigt sein. Gleichzeitig sollte im Zuge einer direkten Liquiditätsplanung auch ein Zeitraum von derzeit mindestens vier Monaten (ab Ende 2023 von mindestens zwölf Monaten) überwacht werden, um den sich aus der Insolvenzordnung ergebenden Überwachungspflichten zu entsprechen. Alle Planungen sind regelmäßig zu aktualisieren. Um die Mindestüberwachungszeiträume einzuhalten, empfiehlt es sich, die genannten Planungszeiträume um den jeweiligen Aktualisierungsturnus zu erweitern.

Tipp #10 Kontofalle umgehen und ggf. separates Guthabenkonto einrichten.

Es kann im Zuge einer Unternehmenskrise sinnvoll und ggf. sogar die Pflicht des Geschäftsleiters sein, keine Einzahlungen mehr auf ein debitorisch geführtes Konto (= überzogenes Konto; Kontokorrentkredit) zuzulassen und Einzahlungen auf ein ausschließlich im Guthaben geführtes Konto (am besten bei einer neuen Bank, zu welcher noch keine Geschäftsverbindung besteht, aus welcher Haftungsrisiken resultieren könnten) zu ziehen. Wenn ein solches nicht vorhanden ist, muss es ggf. eröffnet werden. Das Zulassen von Einzahlungen auf ein debitorisch geführtes Konto kann im Falle einer Zahlungsunfähigkeit ggf. mit zu dieser Zeit bereits verbotenen Auszahlungen gleichgesetzt werden, was zu einer persönlichen Haftung des Geschäftsleiters für die Erstattung der zugelassenen Einzahlungen führen kann.

Tipp #11 Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser!

Und sollte es trotz aller Vorsicht zur Anordnung eines vorläufigen Insolvenzverfahrens nebst Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters – ggf. mit Zustimmungsvorbehalt – gekommen sein, darf sich der Geschäftsleiter nicht darauf verlassen, dass alle relevanten Zahlungen von diesem auch automatisch geleistet werden. Vielmehr sollte der Geschäftsleiter beim vorläufigen Insolvenzverwalter die Zustimmung zur Zahlung fälliger, bzw. während des Antragsverfahrens fällig werdender, Steuern und Sozialabgaben erfragen und dies entsprechend nachweislich dokumentieren.

Fazit

Eines ist klar: Die Restrukturierung und / oder Sanierung eines Unternehmens kosten Zeit und Geld. Je weiter eine Krise fortgeschritten ist, desto weniger ist normalerweise von beidem vorhanden. Damit schwinden mit der Zeit auch die Chancen auf einen erfolgreichen Turn-Around. Es gibt also keine Alternative zur frühzeitigen Beschäftigung mit einer Unternehmenskrise.

(Hinweis: Die Bereitstellung von Informationen auf dieser Homepage begründet kein Mandatsverhältnis. Ebenso können die Informationen eine ergänzende Rechts- und/oder Steuerberatung im konkreten Fall nicht ersetzen.)