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Der Restrukturierungsplan ist ein tolles Instrument

Die Insolvenzwelle lässt noch auf sich warten und niemand weiß, ob, wann und mit welcher Wucht sie kommen wird. Der Insolvenzverwalter- und Beraterbranche, die in den letzten Jahren im Schnitt nicht gerade mit vielen Verfahren gesegnet war, bleibt nichts anderes übrig als abzuwarten. Am Beispiel der Nürnberger Gesellschaft „CRO – Corona Restructuring Office” wollten wir in Erfahrung bringen, wie sich insbesondere kleinere Firmen in dieser Zeit aufstellen. Wir fragten bei dem Restrukturierungs- und Sanierungsberater Robert Koch nach.

Die Fragen stellte MARTIN SCHRAMM.

Herr Koch – Was haben Sie mit Blick auf Ihren Firmennamen „Corona Restructuring” in den vergangenen Wochen und Monaten zu hören bzw. zu lesen bekommen?

 Meine Firmierung entspringt keinem Krisenopportunis­mus. Ich habe mein Unternehmen nach der Schutzheiligen „Hl. Corona” benannt, welche in Geldangelegenheiten um Hilfe angerufen wird. Dass sie auch in Seuchenzeiten um Hilfe angerufen wird, ist ein nicht planbarer und in Zeiten der „Corona-Pandemie” fast schon unglaublich zu nennen­der Zufall! Das Wort „Corona” trägt mein Unternehmen auch schon seit 2006 in der Firma. Dessen ungeachtet hat mir insbesondere die Kombination aus „Corona” in der Fir­ma und meinem Namen „Robert Koch”, welcher in diesem Zusammenhang schon häufiger mit dem Robert-Koch-In­stitut assoziiert wurde, in den vergangenen Wochen einige Anfragen beschert.

Wie hat die Corona-Pandemie Ihre Tätigkeit verändert?

Wie die meisten Unternehmen halte auch ich mittlerweile verstärkt Telefon- und Videokonferenzen ab. Eigentlich bevorzuge ich den persönlichen Kontakt zu meinen Mandanten, da Restrukturierungs- und Sanierungsberatung eine sehr persönliche und sensible Angelegenheit ist. Während des Lock-Downs war dies jedoch leider nicht immer möglich. So habe ich in dieser Zeit ein Seniorenheim betreut, welches Dritten den Zutritt nicht bzw. nur sehr eingeschränkt ermöglichte. Durch Nutzung der erwähnten Medien konnte ich dennoch die mir übertragenen Aufgaben von der Ferne aus erledigen. Das war für mich in dieser Form neu. Auch ist seit Beginn der Corona-Pandemie die Nachfrage nach Restrukturierungs- und Sanierungsberatung deutlich erhöht.

Viel ist zurzeit von der zu erwartenden Insolvenzwelle die Rede. Kommt sie und wenn ja: Wann und wie heftig wird sie sein?

Darüber, dass eine Insolvenzwelle kommen wird, herrscht in Branchenkreisen wohl ein allgemeiner Konsens. Ich persönlich gehe davon aus, dass es etwa sechs bis acht Wochen nach dem Wiedereinsetzen der Insolvenzantragspflicht wegen Zahlungsunfähigkeit am 01.10.2020 verstärkt losgehen wird und ich halte 30.000 Unternehmensinsolvenzen im Folgejahr (gemäß DESTATIS waren es 18.749 in 2019) für durchaus vorstellbar.

Bereits jetzt zeigt sich in meiner Beratungspraxis, dass sich viele Unternehmensplanungen (sofern welche aufgestellt wurden), die in der Pandemie zur Stundung von Steuern- und Sozialabgaben und zur Nutzung weiterer Corona-Hilfen führten, als nicht belastbar erweisen. In vielen Fällen können gestundete Beträge voraussichtlich nicht oder nicht fristgerecht zurückgezahlt und Ratenzahlungsvereinbarungen nicht eingehalten werden. Dies wird mutmaßlich zu einer Vielzahl von insbesondere massearmen Unternehmensinsolvenzen führen.

Was sagen Sie zum Gesetzesentwurf über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG)?

Der Restrukturierungsplan ist ein tolles Instrument zur frühzeitigen Krisenbewältigung und sollte unbedingt genutzt werden.

Solange wir in Deutschland allerdings keine Kultur des Scheiterns etabliert haben, wird sich das Sanierungsgeschehen auch durch die Einführung des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens aus meiner Sicht der Dinge nicht groß ändern. Es sind nach wie vor die von einer Krise bedrohten Unternehmer, die die Initiative ergreifen müssen und diejenigen, die dies bisher taten, haben in der Regel auch gute Eigenverwaltungsverfahren und Insolvenzpläne initiiert. Es wird insoweit wohl die gleiche Art von Unternehmern sein, die zukünftig gute Restrukturierungspläne vorlegen wird. Daher kommt es nach meiner Annahme wahrscheinlich zu einer teilweisen Verschiebung von rechtzeitig initiierten Eigenverwaltungsverfahren zu Restrukturierungsplänen, aber ich gehe in Summe nicht davon aus, dass sich deswegen deutlich mehr Unternehmer als bisher frühzeitig mit dem Thema Krisenbewältigung beschäftigen werden.

Ob sich dies durch die Einführung der Pflichten der Geschäftsleiter bei drohender Zahlungsunfähigkeit ändern wird, wage ich zu bezweifeln. Selbst die starken zivil- wie strafrechtlichen Sanktionen bei einer verspäteten Insolvenzantragstellung motivieren eher selten zu einer rechtzeitigen Antragstellung.

Und spätestens, wenn die ersten Restrukturierungspläne scheitern und die ersten Gläubiger gegen ihren Willen an einen Restrukturierungsplan gebunden wurden, wird auch diesem neuen Instrument nach meiner Meinung bedauerlicherweise bald der gleiche vermeintliche Makel wie einem Insolvenzverfahren anhaften.

Gehört den Restrukturierungsbeauftragten die Zukunft? Und wie werden sich Insolvenzverwalter (neu) aufstellen (müssen)?

Ob die Zukunft alleine den Restrukturierungsbeauftragten gehören wird, kann ich aus heutiger Sicht noch nicht beurteilen, halte dies aber für eher unwahrscheinlich und vermute, dass sich Insolvenzverwalter überwiegend dafür entscheiden werden, diese Aufgabe ergänzend in ihr Leistungsspektrum mit aufzunehmen.

Welche Faktoren sind für Sie bei der projektbezogenen Zusammenarbeit mit Dienstleistern wichtig?

Projektbezogen arbeite ich hauptsächlich mit Anwalts- und Steuerberaterkanzleien sowie mit Be- und Verwertern und M&A-Beratern zusammen. Natürlich muss die Größe des jeweiligen Partnerunternehmens auch zur Aufgabe passen, aber sehr wichtig sind mir auch Erfahrung und Reputation und das hieraus entstehende Vertrauen aller Beteiligten, da sich die Arbeit meiner Kooperationspartner massiv auf die Ergebnisse des Restrukturierungs- und Sanierungsprozesses auswirkt und im Mandanteninteresse bin ich selbstverständlich bestrebt, diese Ergebnisse optimal zu gestalten.

Sie sind ausschließlich in der Metropolregion Nürnberg aktiv. Wie sieht das Insolvenz- und Sanierungsgeschehen dort aktuell aus?

Ich gehe davon aus, dass das Insolvenz- und Sanierungsgeschehen hier im Großen und Ganzen nicht anders als im Rest der Republik zu bewerten ist. Von der Corona-Pandemie sind nahezu alle Branchen gleichermaßen betroffen. Speziell hier in der Region ist die schöne fränkische Brauereilandschaft mit ihrer Vielzahl an kleinen und meist familiengeführten Brauereien betroffen, da sich viele Brauereien von der zeitweisen Schließung der Wirtshäuser und Biergärten bisher nicht erholen konnten. Selbst jahrhundertealte Brauereien, die Kriege und andere Katastrophen überlebt haben, waren in Folge der Corona-Pandemie gezwungen, ihre Tore für immer zu schließen. Damit ist leider auch ein Verlust an fränkischer Kultur verbunden.

Quelle: EXISTENZ MAGAZIN | Ausgabe

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